Von Magnificat zu Magnifico

Cusanus-Konzert 2015

„Meine Seele preist die Größe des Herrn, und mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter.“ – So beginnt der liturgische Lobgesang des Magnificat. In jenem durch den Evangelisten Lukas überlieferten Hymnus preist Maria, fest im Glauben verwurzelt, die Allmacht Gottes und dankt ihm für die verheißene Empfängnis Jesu. Und das nicht ohne Nachwirkung: Denn weit über den historischen und geographischen Tellerrand des biblischen Israels hinaus reizte die Vertonung des Magnificat unzählige Komponisten aller Epochen. 

Eine eindrucksvolle musikalische Reise durch dessen Wirkgeschichte bot das diesjährige Cusanus-Konzert des Bischöflichen Cusanus-Gymnasiums Koblenz. Ehedem Wirkungsstätte des Schulpatrons Nikolaus von Kues’ gewesen, steht die Florinskirche zu Koblenz seit 2001 alljährlich offen für Konzerte und Vorträge, die dem Gedenken an Person und theologische Botschaft jenes großen Universalgelehrten gewidmet sind. 

cuskonz2.jpg

Nahtlos in diese Reihe hochkarätiger Veranstaltungen reihte sich am 29. September ein Konzert mit dem Titel „Magnificat – How my soul praises“ ein. Dargeboten wurde mit sechs grundverschiedenen Magnificat-Vertonungen ein abwechslungsreiches Programm, das gekonnt den Bogen von der Gregorianik zur zeitgenössischen Tonsprache spannte. Unter der Gesamtleitung von Christa Molitor-Naunheim und Christian Rivinius, dem Initiator der Reihe der Cusanus-Konzerte, gestaltete ein großes Ensemble den Abend wohlklingend aus: Auf der Bühne verschmolz der kräftige Klang des Cusanus-Projektchors „CantArte“ (Leitung: Christian Rivinius), bestückt mit Lehrern, Eltern, Ehemaligen und Freunden des Cusanus-Gymnasiums, mit den glockenhellen Stimmen der Klassen 6b und 6c. Der Klangfülle noch nicht genug, zementierten das schuleigene Blechbläserensemble sowie eine eigens für diesen Abend ins Leben gerufene, äußerst hochkarätig besetzte Jazz-Combo ein opulentes instrumentales Fundament. 

Den Abend eröffneten die Herren des Projektchores und Christian Rivinius an der Orgel mit dem barocken „Magnificat du 5e ton“ eines anonym gebliebenen französischen Komponisten. In dazu völlig konträrer Tonsprache, dennoch weiterhin der lateinischen Wortsprache und der Klanggewalt der Orgel verhaftet, folgte ein modernes Magnificat des französisch-libanesischen Komponisten Naji Hakim. Hierbei vermochten Birgit Girod und vor allem Beatrix Mählmann (beide Sopran), die Klippen der schwierigen Partitur zu bemeistern und auch in extrem hoher Lage stimmlich zu überzeugen. Zurück zu den vokalpolyphonen Ursprüngen der Kirchenmusik führte Orlando di Lassos „Magnificat Octavi Toni“; ehe mit Christian Stegmanns „Magnificat für Kinderchor und Tasteninstrument“ ein poppiges Strophenlied zu Gehör kam. Nun programmatisch endgültig bei zeitgenössischen Kompositionen angelangt, eröffnete Heinrich E. Grimms „Magnificat – Meine Seele preist die Größe des Herrn“ eine monumentalere Dimension der Klangfülle: Denn beide Chöre, sowie das große Blechbläserensemble, unterstützt von Christian Rivinius an der Orgel, verstanden sich unter dem Dirigat von Christa Molitor-Naunheim darauf, alle Facetten der Komposition klar herauszuarbeiten – von der kargen Vertonung der Niedrig- und Widrigkeiten des Lebens bis hin zur jubilierenden Anbetung der Huld Gottes. Einen nicht minder beschwingten Abschluss eines gelungenen Konzertabends boten schließlich Cusanus-Projektchor und Jazz-Combo mit Christoph Schoepsdaus „Magnificat – How my soul praises“. Bei jazzigem, Swing-artigem, spritzigem Big-Band-Sound, angereichert mit markanten, harmonisch und satztechnisch komplexen Passagen, zeigten die Musiker, dass hier Vollprofis am Werk waren.

Und noch eines war an diesem Abend eindrücklich bewiesen worden: Das Bischöfliche Cusanus-Gymnasium Koblenz hat aufs Neue gezeigt, dass eine echte Schulgemeinschaft mehr ausmacht als Lehren und Lernen allein. Einer Schule, an der nicht nur individueller, sondern auch gemeinschaftlicher Erfolg und nicht nur fachbezogener, sondern auch menschlicher Zugewinn zählen, bleibt zu einer solch großartigen Leistung einer starken Gemeinschaft nur zu gratulieren: Magnifico! 

Tim Martin Hoffmann