Gegen das Vergessen


Trier/Saarbrücken/Koblenz – […]

Gedenken in Koblenz

Anneliese Cohn hat die Ursulinenschule in Koblenz besucht. Ihr Vater besaß ein Schuhgeschäft in der Altstadt. Die Familie war jüdisch. Der Laden wurde "arisiert" und Anneliese fiel dem Holocaust zum Opfer. Mit diesem und gut 40 weiteren Schicksalen jüdischer Schülerinnen haben sich Elly Dührkoop und Lara Sauer im Rahmen des pädagogischen Gedenktages zur Erinnerung an die „Reichspogromnacht“ befasst. „Unsere Schule, damals noch die Ursulinenschule, besuchten in den Jahren 1933 bis 1938 mehr als 20 jüdische Mädchen“, berichtet der Leiter des Bischöflichen Cusanus-Gymnasiums, Carl Josef Reitz. „Nach den Novemberpogromen  war es jüdischen Kindern verboten, deutsche Schulen zu besuchen.“

Elly und Lara gehen in die zehnte Klasse des Gymnasiums. Sie haben mit vielen weiteren Schülern und einem zehnköpfigen Team aus Schulleitung, Schulseelsorgern und Lehrkräften den Gedenktag vorbereitet. Die beiden Mädchen widmeten sich der Aktualisierung einer Liste von jüdischen Schülerinnen; neben Daten zu Wohnorten und Geburtstagen haben sie einzelne Schicksale beleuchtet – soweit diese recherchierbar waren. „Zu einer Person konnten wir leider nichts finden. Ich finde es schade, dass noch nicht alles aufgeklärt ist“, sagt Lara. „Die Arbeit ist uns nah gegangen, da die Mädchen auf unsere Schule waren“, so Elly. Lebensbilder plastisch vor Augen zu haben, sei auch ein Ziel des Tages, erklärt Reitz.


Die Schule übernimmt eine Patenschaft für den "Stolperstein", der an Familie Cohn erinnert. „Wir werden diesen pflegen und so die Verantwortung übernehmen, das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus wachzuhalten“, berichtet Elisabeth Dingendorf. Sie hat gemeinsam mit vier weiteren Schülern aus dem Geschichtsleistungskurs über das Leben dieser Familie geforscht.

Der Gedenktag dient der Erinnerung und ist auch in die Zukunft gerichtet. „Es soll ein Impuls sein, für mehr Toleranz einzutreten. Wir wollen Flagge zeigen“, betont Reitz. Daher haben die Schüler für den anstehenden Adventsbasar das Motto „Hand in Hand für Menschlichkeit #wirsindmehr“ gewählt. „Es ist ein Ruf nach einer menschlichen Gesellschaft“, sagt der Schulleiter. Weitere Projektgruppen widmeten sich unter anderem den Themen „Sinti und Roma“, „Konzentrationslager“ und „Antisemitismus heute“. Die Ergebnisse und Lebensbeschreibungen von Koblenzer Bürgern fließen in eine Ausstellung in der Schule ein. Daneben gibt es einen Gedenkgottesdienst und weitere Angebote.

Ebenfalls in Koblenz veranstaltet der Verein Christlich-Jüdische Gesellschaft für Brüderlichkeit eine Christlich-Jüdische Gedenkstunde in Erinnerung an die „Reichspogromnacht“. Sie findet am 11. November um 15 Uhr in der Koblenzer Synagoge (Ecke Schlachthofstraße/Schwerstraße) statt. Anschließend wird auf dem jüdischen Friedhof der Opfer gedacht und ein Kranz an der Stele niedergelegt. „Wir wollen den Dialog zwischen Juden und Christen fördern und zu einem partnerschaftlichen Verhältnis beitragen“, erklärt der Vorsitzende Wolfgang Hüllstrung.

In Koblenz findet darüber hinaus ein Gottesdienst am 9. November um 19 Uhr in der Citykirche (Jesuitenplatz) statt, gestaltet vom Dekanat Koblenz, dem Evangelischen Kirchenkreis und der Alt-Katholischen Pfarrgemeinde St. Jakobus. Bereits um 17.30 Uhr beginnt ein Gedenkgang. Treffpunkt ist der Bürresheimer Hof am Florinsmarkt. Den Gedankgang organisiert der Förderverein Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus in Koblenz.

(jf)

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