Netzpiraten mit Kultur

Der Kulturabend der 13er dieses Mal im Netz

Das Abitur-Motto „Pirates of the CarABIan” und die wilde Horde Säbel schwingender Captain Sparrows am Anfang ließen zuerst gar nicht vermuten, dass der YouTube-Videoclip des Bischöflichen Cusanus-Gymnasiums Koblenz ein Kulturereignis sein würde.

Der „Kulturabend der 13er” ist seit einer guten Dekade an unserer Schule ein zentrales Ereignis, während dessen all die in der Schule nicht immer sichtbaren Talente unserer Schüler zum Vorschein kommen. Klavier- und Gitarrenvirtuosen wurden bejubelt, man lachte über witzige Poetry-Slam-Beiträge, präsentierte freche Filme und selbst Ausdruckstänzer, Jongleure und Kammersängerinnen ließen die Augen rund werden vor Staunen. Ganz zu schweigen von den immer wieder genialen Beiträgen des Abichors.

Wie sollte das unter den Hygienebedingungen der Pandemie überhaupt möglich sein?

Die Lösung des im Lockdown in BigBlueButton-Videochats nervlich abgehärteten Jahrgangs lautete: Natürlich ist der Kulturabend möglich, wir machen ihn digital. Von Samstag, dem 20.03., bis Sonntag, dem 21.03.2021, stand der fertige Stream online, und wer den Zugangscode besaß, konnte zum Frühstück oder nach dem Mittagsschläfchen einen digitalen Kulturabend genießen, der seinem analogen Vorbild höchstens olfaktorisch nachstand.


Johannes Grün und Marius Müller führten in eleganter Nonchalance als Moderatoren das virtuelle Publikum durch die Schule und zeichneten dabei von Raum zu Raum den Karriereweg von den kleinen Fünfern bis hin zum fertigen Abiturienten nach.

Mika Brühl und Simon Brücker verfassten in Erinnerung an die vielen Erwartungen zum Einstieg ins Gymnasium in Englisch eine Begrüßungsrede, deren gute Ratschläge samt und sonders den Lieblings-Charthits der Stufe entnommen waren. Köstlich komisch Simons Outtakes!


Im 6er-Flur zeigte Judith Nick, dass sie nicht nur eine sehr gute Schülerin und angehende Literaturwissenschaftlerin (sie schrieb eine BLL über die Figur des Saladin in Lessings „Nathan der Weise”) ist, sondern auch eine begabte Singer-Songwriterin. Ihr auf der Gitarre begleitetes Lied reflektierte in der Pandemie zerplatzten Träume und das Leben ohne Ausstiegsmöglichkeiten. Mein Rat: Udo Lindenberg kontaktieren und auf seiner nächsten Platte erscheinen!

Dass auch Tanz möglich ist im digitalen Raum, zeigte das „Schwarzes Theater – Ballett”. Die Abiturientinnen hatten dazu ihre heimischen Zimmer zum Dancefloor umgestaltet, sich schwarz gekleidet, mit Leuchtstäben behängt und eine Choreographie eingeübt. Als dann das Licht abgedreht wurde, um in Prager Manier unsichtbar zu werden, verwandelten sich die Stäbe in Strichmännchen, die in perfekter Synchronizität zu flotten Tanzrhythmen ein Jazztanz-Ensemble bildeten.


Einen Höhepunkt an Virtuosität bildete die Harfendarbietung von Deborah Bloch. Mikhail Glinkas (1804-1857) Nocturne in E-moll wurde in einer wunderbaren Perfektion dargeboten, die professionellen Darbietungen in nichts nachstand und mehr Lust auf den etwas in Verruf geratenen „Vater der russischen Oper” macht.

Heißblütig wurde es dann im Spaß-Video des Spanisch-Kurses, der „Salsa, Tequila und Corazon” als Rezept gegen Coronatrübnis und Fernunterricht-Frust empfahl und eine touristische Empfehlung aussprach, die iberischen Zonen wieder zu besuchen, wenn die Pandemie es wieder zulässt.


Micha Brenner wiederum dürfte mit seinem verschmitzt-sanften Vortrag des Kunstlieds „Das Röschen” von Christoph Maria Herbst – äh...nein...Händelsohn-Bacholdy war es auch nicht...richtig! von Carl Maria von Weber – begleitet von Wolfram Hartleif – so manches Zuhörerröschen zu einem „Wie süß!” hingerissen haben.

Auch textlich bot der Abend einiges. Willi Astor hatte Carlotta Woitkiewicz Pate gestanden, die in eine Piratengeschichte passend zum Abi-Motto die Namen sämtlicher Abiturienten in völlig neue semantische Umgebungen untergebracht hatte.

Wie schwierig muss es sein, einen ganzen Abichor online zu betreuen. Wolfram Hartleif zeigte wieder einmal, sein Talent als Chorleiter. Das Popmedley „4 Chords” von Axis of Awesome zeigt, dass die meiste Popmusik aus der Kombination von Tonika, Quinte, Mollparallele und Subdominante besteht, oder – wie es die englischsprachige Welt einfacher sagt- aus I-V-6minor-IV. Es war ihm gelungen, nicht nur die zwanzig Schüler und Schülerinnen einzeln zu stimmsicheren Sängern zu machen, sondern sie auch synchron und in abgewogener Lautstärke trotz der unterschiedlichen Rhythmik der 48 verarbeiteten Hittitel zu einem chorischen Gesamtsound zu mischen. Top!


Mit diesem fröhlichen Höhepunkt endete das von Micha Brenner gefilmte und von Alwin Porten geschnittene Programm.

Viele Werbeclips und lustige Outtakes lockerten die Darbietungen weiter mit rheinischer Fröhlichkeit auf. Ein Jahrgang hat hier gezeigt, dass er sich durch nichts aufhalten lässt, mit viel Humor und akribischer Professionalität gleichzeitig zu neuen Ufern aufbricht, ganz im Stil von Captain Sparrow, den auch nichts unterkriegt.

Peter Markovic